Pferdephysiotherapie

SUPERVISION EINER DIPLOMARBEIT

 

Wer hätte das vor Jahren gedacht, dass ich in meiner mehr als

30. – jährigen Laufbahn als Physiotherapeut nicht nur Menschen therapieren muss, sondern auch Tiere physiotherapeutisch therapieren darf.

 

Vor nicht zu langer Zeit betreute ich eine Pferdephysiotherapeutin bei Ihrer Diplomarbeit, über die Anwendung der E-Technik ( n. Hanke ), die sie auf das Pferd übertragen wollte.

Diese Therapieform wurde bis jetzt nur am Menschen durchgeführt. Beim Menschen lässt sich diese Technik in verschiedenen Ausgangsstellungen therapieren, so ist sie beim Pferd nur im Stand durchführbar.

Um diese Therapie richtig anwenden zu können, muss man vorallem die Anatomie des Pferdes genau mit der des Menschen vergleichen, die zwar unserer sehr ähnlich ist, aber eine ganz andere Topographie hat.

Wenn man dies alles unter ein Dach bringt, hat man gute Voraussetzungen, das die Behandlung anschlägt.

W. Luginger diplomierter E-Technik Therapeut mit Pferd
W. Luginger diplomierter E-Technik Therapeut

Anamnese des Patienten

Wichtig ist vorab eine genaue Ganganalysie um etwaige Muskelungleichgewichte, muskuläre und artikuläre Defizite zu erkennen.

 

Nach eingehender Untersuchung unseres „Patienten“ mußten wir leider feststellen, dass unser Proband sich aus gesundheitlichen Gründen für unsere Diplomarbeit nicht eignet ist. Der Grund dafür ist sein jahrelanges Training als Trabrennpferd, das durch sein hartes und für ein Pferd unphysiologisches Trainingsprogramm so stark belastet wurde, dass wir seine starken Probleme zuerst über Wochen therapieren müssten, um seinen gesundheitlichen Zustand auf ein normales Level zu bringen, bevor wir bei ihm die E – Technik anwenden können.

Marion Löffler - Pferdephysiotherapeutin mit Pferd
Marion Löffler – Pferdephysiotherapeutin

 

Ein neuer Probant

Nach längerer Suche eines passenden Probanden, entschieden wir uns für dieses deutsche Reitpony, das wir nach genauer Befundung für unsere Zwecke als geeignet erachteten. Für unsere Diplomarbeit, das Erarbeiten des Kriechmusters am Pferd, konnten wir nach einiger Zeit feststellen, dass unser Patient ein sehr intelligentes Pferd ist. Alle von uns gesetzen Aktionsverstärker (AV) wurden von ihm mit einem muskulären Spannungsaufbau im Sinne des Kriechmusters beantwortet und teilweise sogar zu einem weiterführenden bzw. fortlaufenden Bewegungsmuster vollendet.

 

Vorausgegangen war eine Änderung der Schubrichtung am Schulterblatt, da sich bei vermehrten Versuchen kein Spannungsaufbau in das Standbein erreichen lies. Erst nach erneuter Überprüfung der anatomischen Besonderheiten, vorallem der Pferdeskapula, gelang uns der Erfolg. Das Pferd machte nun einen Bewegungsablauf, der dem Kriechmuster beim Menschen ebenbürtig war.

Wir waren natürlich hellauf begeistert über das Ergebnis, nachdem wir beim ersten Pferd sehr wenig Glück hatten.

Wir sind daher sehr zuversichtlich, dass wir mit diesem Pferd einen weiteren großen Schritt zur Vollendung der Diplomarbeit machen konnten.

Wir mussten uns daher nach einem anderen Patienten umsehen, wahrscheinlich aus dem Bereich der Spring und Reitpferde, da diese weitaus physiologischer und vor allem ursprünglicher in ihren Bewegungen trainiert werden.

 Frau mit Pferd

Erneuter „Patientwechsel“

Um herauszufinden ob unsere Techniken auch an anderen Probanten funktioniert, nahmen wir uns als nächsten „Patienten“ ein Dressurpferd aus der alten hannoveranischen Linie vor. Da dieses Pferd um einiges größer ist als unser Reitpony war, mussten wir unsere Ansatzpunkte neu definieren bzw. sogar die gesamte Technik ändern. Der Grund hierfür waren über 400 kg Lebendgewicht, die es galt ihn in eine bestimmte Haltung zu bringen, damit wir einen dem Kriechmuster ähnlichen Bewegungsablauf abrufen können.

Damit wir uns beim Ansetzen unserer Aktionsverstärker auf die anatomischen Gegebenheiten einstellen konnten, zeichneten wir uns die wichtigen Strukturen wie Scapula, Supra- und Infraspinatus an unserem Probanten an, damit wir die Druckrichtungen bzw. die Vektoren entsprechen der Pferdeanatomie setzen konnten.

Nacerst jetzt auf, dass wir die ganze Zeit ein neues Bewegungsmuster am Pferd abriefen, was wir in der E – Technik am Menschen so in dieser Form noch nicht benützt hatten bzw. auch daher nicht behandelt hatten.

nämlich den

 

VIERFÜßLERSTAND MIT GESTRECKTEM BEIN!!

 

 

 

Der Vierfüßlerstand mit gestreckten Beinen

Da wir vom Kriechmuster, dem eigentlichen phyelogenitischen Urbewegungsmuster aller Lebewesen ausgegangen sind, waren wir der Meinung wir könnten dies auch auf das Pferd überspielen. Dem war nicht so!

Wir mussten also bei den AV’s und der Grundhaltung des Pferdes, vorallem die Beinachsen beachten, um genau zwischen den beiden Fortbewegungsmustern differenzieren zu können.

Durch diesen neuen Aspekt waren wir überzeugt, dass wir unsere Überlegungen die E – Technik am Pferd anzuwenden nochmal neu überdenken mussten.

Vorallem die Summation der Reize waren, wie wir gelernt hatten, nicht wichtig, sondern der kraftvolle Druck auf das Pferd, der es in die Ausgangsstellung zwingt. Erst dann hatten die leichten AV’s ( Aktionsverstärker ) einen Effekt, den man sofort in einer dem Bewegungsmuster entsprechend fortlaufene Reaktion erkennen konnte.

Durch diese neuen Erkenntnisse waren wir nun in der Lage unsere Technik mit Erfolg auch an anderen Pferden anzuwenden.